Ahmad Abdulaziz Abdullah Abdullah, der sich selbst Abu Walaa nennt, gilt als der Chef des Islamischen Staates in Deutschland. Seine moslemischen Anhänger sprachen ihn ehrfurchtsvoll mit „Hodscha“ an, das heißt „Lehrer“. Er brachte ihnen arabisch bei, um den Koran im Original zu lesen. Seit September 2017 steht er zusammen mit drei anderen moslemischen Fundamentalisten in Deutschlands bisher größtem „Islamisten“-Prozess vor Gericht. Wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an der Terrorgruppe Islamischer Staat sprach das Oberlandesgericht Celle am Mittwoch Vormittag das Urteil: Zehneinhalb Jahre Haft für Abu Walaa, damit blieben die sechs Richter ein Jahr unter der Forderung der Bundesanwaltschaft. Acht und sechseinhalb Jahre gab es für die beiden mitangeklagten IS-Drahtzieher wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland und vier Jahre für den vierten Angeklagten.
Wie auch dem Artikel „Der Hodscha von Hildesheim“ der Jungen Freiheit vom 5. Februar zu entnehmen ist, veranstaltete Abu Walaa in einem aufgegebenen Schlecker-Markt in Hildesheim mehrtägige Seminare, bei denen er junge Moslems für den „Heiligen Krieg“ gegen „Ungläubige“ begeisterte. Dabei zeigte der Hodscha grausame Hinrichtungsvideos des Islamischen Staates. Am Ende habe es immer die gleiche Parole gegeben: „Tötet die Ungläubigen“. Außerdem wurden Moslems auch in Räumen eines Duisburger Reisebüros radikalisiert.
Organisiert habe Abu Walaa alles von seinem harmlos klingenden Verein „Deutschsprachiger Islamkreis“, der auch intensive Vernetzungen ins Ruhrgebiet aufbaute. Dort gab es ähnliche Veranstaltungen in Hinterzimmern und Privatwohnungen. Mindestens zwei Dutzend junge Moslems soll Abu Walaa zum Islamischen Staat nach Syrien und in den Irak geschickt haben. Aber dies sind nur die bekannten Fälle, die Dunkelziffer dürfte vermutlich viel höher liegen. Zeugen sagten aus, dass alle künftigen Dschihadisten vor ihrer Ausreise in den Islamischen Staat zu Abu Walaa nach Hildesheim geschickt wurden, damit sie dort den „ideologischen Feinschliff“ erhielten. Zwei der Rekrutierten, die Zwillingsbrüder Kevin und Mark K. aus Castrop-Rauxel (im Foto unten mit dem Koran), sollen 2015 im Irak Selbstmordattentate mit über 150 Todesopfern verübt haben. Im April 2017 wurde der „Deutschsprachige Islamkreis“ vom niedersächsischen Innenministerium verboten.
In Videos trat der heute 36-jährige mit schwarzem Turban und schwarzem Umhang, von hinten gefilmt, als „Prediger ohne Gesicht“ auf. Wikipedia stellt fest, dass dies ähnlich der Darstellung des Propheten Mohammed in der islamischen Ikonografie sei. Abu Walaa verehrte in seinen Predigten häufig Abu Bakr Al-Baghdadi, den damaligen Anführer des Islamischen Staates, und nannte ihn „unseren Kalifen“.
Wen Abu Walaa nicht zum IS schicken konnte, habe er zu Terror-Attacken in Deutschland zu überreden versucht. Die beiden Minderjährigen, die im April 2016 in Essen einen Sprengstoffanschlag auf einen Tempel indischer Sikhs mit mehreren Verletzten verübten, sollen zu seinen Lehrlingen gehört haben. Als nächstes Angriffsziel soll die Essener Synagoge ins Auge gefasst worden sein.
Dem Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, habe er vor seinem tödlichen Anschlag noch seinen „Segen“ gegeben. Durch einen eingeschleusten V-Mann konnten Abu Walaa seine terroristischen Umtriebe nachgewiesen werden. Als dieser V-Mann aufflog, soll Abu Walaa persönlich seine Anhänger zum Mord an dem „Verräter“ aufgerufen haben. Ein Aussteiger aus der Szene soll Abu Walaa ebenfalls schwer belasten.
10 Millionen Euro Kosten für Mammut-Prozess
Der Mammut-Prozess in Deutschland vor dem Oberlandesgericht Celle kostete gut zehn Millionen Euro. Für die zehn (!) Pflichtverteidiger, Dolmetscher, Sachverständigen und zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen. Bei diesen Kosten sind die Arbeitsstunden für die sechs (!) Richter, zwei Staatsanwälte und die vielen beteiligten Justiz- und Polizei-Beamten noch gar nicht eingerechnet. Bei über 240 Verhandlungstagen wurden mehr als 120 Zeugen vernommen. Der NDR hat die Frage nach der Verhältnismässigkeit dieser horrenden Kosten auch in einer sehenswerten TV-Reportage am 8.11.2020 im Magazin „Hallo Niedersachsen“ gestellt.
Abu Walaas zwei (!) Frauen und sieben Kinder müssen nun wohl zehneinhalb Jahre auf das Familienoberhaupt warten müssen, wenn er nicht wegen „guter Führung“, wie Harun P. in München, frühzeitig wieder auf die deutsche Gesellschaft losgelassen wird. Dieser IS-Dschihadist, der mir bei einer Kundgebung in München auch das Kopfabschneiden angedroht hatte, musste nur fünf seiner elf Jahre absitzen.
Das Grundsätzliche muss auch in diesem Fall immer wieder verdeutlicht werden: Für die Ideologie des Islamischen Staates ist der Politische Islam verantwortlich. Er leitet Moslems zum Dschihad an, zum Kampf für die Errichtung eines islamischen diktatorischen Staates mit der Scharia als Gesetzgebung und der weltlichen Herrschaft von Moslems über die sogenannten „Ungläubigen“.
Daher ist es unerlässlich, die vielen verfassungsfeindlichen Elemente des Politischen Islams Stück für Stück zu verbieten, damit diese existentielle Gefahr entschärft wird. Wenn wir nicht eines Tages vor den Trümmern unserer freiheitlichen demokratischen Gesellschaft stehen wollen, müssen wir dieses Ziel konsequent verfolgen. Daran sollten alle politischen Lager in Deutschland mitwirken. Zusammen mit den wirklich modern und friedlich eingestellten Moslems, die sich verlässlich mit unserem Grundgesetz und unseren Werten identifizieren. Wir reden hier nicht von inhaltslosen Lippenbekenntnissen, um Ungläubige hinters Licht zu führen, wie es viele Funktionäre des Politischen Islams machen. Wir reden von aktiver Mitarbeit beim Verbot des Politischen Islams.