Die türkisch-Islamische DITIB-Gemeinde der Mevlana- Moschee im badischen Weinheim fordert die Erlaubnis den Muezzinruf ertönen zu lassen, obwohl dies bei der Baugenehmigung verbindlich ausgeschlossen wurde. Die Stadt weigert sich der Forderung nachzukommen.
Ishak Ünal, Vorsitzender der Moscheegemeinde erhebt in einer Pressemitteilung schwere Vorwürfe gegen die Stadt.
Bereits am 23. April hatte der Verein um eine Ausnahmegenehmigung gebeten um den Muezzinruf als „ein Solidaritätszeichen mit den Muslimen“ ertönen zu lassen.
„Unser Anliegen damals war, durch den Gebetsruf unseren Mitgliedern Halt und Hoffnung zu vermitteln, trotz der geschlossenen Gotteshäuser“. In fast 100 Städten in anderen Bundesländern wurde dieser bereits genehmigt, und dabei habe es positive Reaktionen „sowohl von der muslimischen wie auch von der nichtmuslimischen Bevölkerung“erklärt Ünal.
Nach der Anfrage hätte sich 3 Monate lang nichts getan, so Ünal. Er äußert sein Unverständnis darüber, dass eine Antwort auf die Anfrage erst Ende Juli kam. Zwischenzeitlich dürfen alle Gotteshäuser wieder öffnen. Für Ünal hätte eine zeitnahe schriftliche oder telefonische Entscheidung ausgereicht.
Offenbar ist Ünal der Ansicht, es gäbe ein Grundrecht auf den Muezzinruf.
Ünal weist ausdrücklich darauf hin, „dass unsere Gemeinde nach wie vor nicht die Absicht hat, den Gebetsruf aus dem Minarett erklingen zu lassen, obwohl unser Grundgesetz dies garantiert“.
Das Treffen mit Vertretern der Stadt und der Ratsfraktionen verlief aus Sicht der Moslems nicht erfreulich. Diese sind gekränkt, weil die Stadt eine „belehrende Haltung“ an den Tag gelegt hat. Wörtlich heißt es:
Die Wortwahl ,Wortverkündigung’ in der Pressemitteilung hat uns sehr irritiert. Es suggeriert, dass die Weinheimer Gemeinde die Menschen missioniert. Hier werden leider antiislamische Ressentiments herangezogen. Dies schadet dem Ruf der Moscheegemeinde!“ Denn theologisch gesehen gebe es im Islam keine Missionierung, auch nicht in den 44 Jahren des Gemeindelebens in Weinheim: „Der Gebetsruf ist ein Aufruf zum Gebet, nicht zur Religion.“
Die Stadt hat nach dem Treffen mit der Gemeinde eine Pressemitteilung herausgegeben. Darüber ist Herr Ünal erbost.
„Bei unserem gemeinsamen Gespräch am 27. Juli waren wir uns einig, dass der Inhalt des Gespräches nicht an die Presse herangetragen werden soll. Wie wir aber später erfahren haben, wurde eine Pressemitteilung zu diesem Gespräch veröffentlicht. Wir sehen dies als ein Vertrauensbruch.“
Die Stadt Weinheim stellt die Vorgänge anders dar.
Das Rathaus kontert die Stellungnahme des Moscheevereins: „In der Pressemeldung der türkisch-islamischen Gemeinde werden leider Vorgänge dargestellt, die nicht der Wahrheit entsprechen.“
Wegen des Muezzinrufes hat Herr Ünal die Stadt Weinheim am 23. April telefonisch kontaktiert. Ein Gespräch mit dem Oberbürgermeister wurde für den 5. Mai anberaumt. Das Gespräch kam zunächst nicht Zustande, weil Herr Ünal nicht erreichbar war.
“ Am 7. Mai klappte es aber doch, „dabei stellte OB Just in einem offenen, sachlichen und wertschätzenden Gespräch die Haltung der Stadtverwaltung und die geltende Rechtslage klar“: Die Baugenehmigung, bei der eine Baulast den Muezzinruf ausschließt, unterschrieben vom Vorstand der Gemeinde persönlich, sei „absolut bindend und nicht verhandelbar“ – unabhängig von Sanktionen, die durch die Corona-Pandemie entstanden sind und die dazu führen, dass sich religiöse Gruppen nicht oder nur eingeschränkt treffen können. „Wir können uns nicht vorstellen, dass diese deutliche Aussage nicht verstanden worden ist“, so die Stadtverwaltung.
Bereits beim Telefonat hat die Stadt darauf hingewiesen, das es ein Gespräch mit den Fraktionen im Gemeinderat zu gegebener Zeit geben werde. So wie es den demokratischen Gepflogenheiten in Weinheim entspricht. Die Stadt widerspricht eindeutig der Auffassung der Moscheegemeinde, wonach der Muezzinruf nach Artikel 4 GG, der die Religionsfreiheit garantiert, grundsätzlich zu erlauben sei.
„Wir sehen das grundsätzlich anders. Nach der Diskussion vor zehn Jahren und der klar formulierten Haltung in der Moscheekommission und im Gemeinderat ist keine andere Haltung der Stadtverwaltung möglich.“
Die Stadt versucht die Wogen zu glätten.
„Wir wünschen uns, dass der Moscheeverein bei seinen Stellungnahmen wieder zur Sachlichkeit zurückkehrt. Wir haben nicht das geringste Interesse daran, das Verhältnis zwischen der Stadt und der Gemeinde zu belasten.“
Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung