Am Aschermittwoch fand vor dem Amtsgericht in Herford die Verhandlung wegen Volksverhetzung und Störung der Religionsausübung gegen Marcel Bauersfeld, den „Mann mit der Glocke“, und zwei weiteren Mitstreitern statt.
In Herford hatte der Bürgermeister Tim Kähler (SPD), den Muezzinruf einmal wöchentlich am Freitag genehmigt. Seit dem Frühsommer 2020 darf dort der akustische Machtanspruch des Politischen Islam in den öffentlichen Raum hinein ertönen. Die BPE berichtete. Kähler ist er irrigen Ansicht, der Muezzinruf wäre Teil der Religionsausübung und somit durch die Religionsfreiheit geschützt.
Prof. Dr. Tilman Nagel widerspricht dem Bürgermeister.
Der Gebetsruf verkündet den Zeitpunkt, an dem einer der fünf Tagesabschnitte beginnt, in dessen Verlauf jeweils das ihm zugeordnete rituelle Pflichtgebet zu absolvieren ist. Beispiel: Wenn die Sonne im Mittag steht, wird zum Mittagsgebet gerufen, das von da an bis zum Eintritt des Zeitabschnitts des Nachmittagsgebets vollzogen werden muß. Dieser Tagesabschnitt beginnt, sobald die Gegenstände einen Schatten werfen, der ihrer Höhe entspricht; dann wird zum Nachmittagsgebet gerufen.
Mit der ritualrechtlich gültigen Ausführung des jeweiligen Pflichtgebets hat der Gebetsruf nichts zu tun. Das Hören des Gebetsrufs ist ritualrechtlich kein Teil des Pflichtgebets. Wenn dies so wäre, dann hätte ein Pflichtgebet, das von jemandem außerhalb der Rufweite einer Moschee vollzogen wird, ritualrechtlich keine Gültigkeit. Ohnehin können die Pflichtgebete zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb des Tagesabschnitts, dessen Beginn durch den Ruf verkündet wird, durchgeführt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Tilman Nagel
Prof . Dr. Tilman Nagel ist Orientalist, Islamwissenschaftler und ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Von 1989 bis 2007 war er als Professor für Arabistik und Islamwissenschaften an der Georg-August-Universität in Göttingen tätig.
Gegen den Muezzinruf regte sich Protest aus der Bürgerschaft. Zunächst in Gestalt des Marcel Bauersfeld. Später gesellten sich noch weitere Mitstreiter dazu. Bauersfeld sieht mit dem Muezzinruf bereits die Scharia eingeführt.
„Ich bin weder links- noch rechtsextrem. Ich habe auch nichts gegen andere kulturelle Gepflogenheiten. Mich stört einzig und allein der Muezzinruf, der in meinen Augen nichts anderes als ein Aufruf zum Kalifat ist. Ich möchte hier keine Scharia haben.“
Gegen den islamischen Herrschaftsanspruch in Form des Muezzinrufes protestierte Marcel Bauersfeld mit einer Glocke. Diese wurde von der Polizei konfisziert. Danach erschien der couragierte Mann, mit Kochtopf und Kochlöffel ausgestattet, um gegen den Muezzinruf Haltung zu zeigen. Mit dem Schlagen des Kochlöffels auf den Topf machte er von seinem Recht auf Meinungsfreiheit in akustischer Form Gebrauch. Diese Protestform hatte er bewusst gewählt, weil im arabischen Raum der Unmut gerne mit Schlagen auf Kochtöpfen geäußert wird.
Es erfolgte eine Anzeige wegen „Störung der Religionsausübung“. Zwischenzeitlich wurde Marcel Bauersfeld sogar in Gewahrsam genommen, und so an seinem Protest gehindert. Er sieht in dem Verhalten der Polizei bereits eine Instrumentalisierung dieser, durch die DITIB. Die BPE berichtete, wie die Bürger in Herford schikaniert wurden, weil sie ihren Unmut über den Muezzinruf zum Ausdruck brachten.
Unterstützung bekam Bauersfeld von Bürgern aus Herford, die, wie er, den Muezzinruf als öffentlich zur Schau getragenen Machtanspruch des Politischen Islam erkannt haben. Es wurde mit Posaune, Flügelhorn, Gitarre und Trillerpfeifen protestiert. Christliche Choräle und Heimatlider erklangen gegen den Muezzinruf. Dieser Artikel des BPE-Mitglieds Eberhard Kleinert erläutert die Bedeutung des Rufes ausführlich.
Überall, so weit die Hörweite des Rufes reicht, ist jetzt schon Allahs Herrschaftsbereich, auch wenn die „Ungläubigen“ das noch nicht wissen.
Dass Allahs Herrschaftsbereich offenbar auch in Herford bereits gilt, bekamen die Protestler schnell zu spüren. Sie wurden kriminalisiert und Scharia konform, wegen Volksverhetzung, sowie Störung der Religionsausübung angeklagt.
Am Aschermittwoch fand die Verhandlung gegen 3 Angeklagte vor dem Amtsgericht in Herford statt. Den Personen Nolte, Decke und Bauersfeld wurde vorgeworfen, mit ihren Protestaktionen die Religionsausübung gestört zu haben. Bauersfeld wurde zudem vorgeworfen. den Gottesdienst zu stören, Volksverhetzung begangen zu haben, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet zu haben sowie den öffentlichen Frieden gestört zu haben.
Am Mittwoch, dem 02.03. um 9.00 Uhr fand die Verhandlung im Amtsgericht Herford Saal 309 statt. Den Vorsitz führte Richter Thorben Meier.
Der Angeklagte Nolte fehlte krankheitsbedingt. Das Verfahren gegen ihn wurde abgekoppelt.
Der Angeklagte Decke wurde durch seinen Anwalt Schnelle vertreten.
Der Angeklagte Bauersfeld wurde durch seinen Anwalt Röckemann vertreten.
Die junge Staatsanwältin verlas zunächst die Tatvorwürfe gegen Herrn Decke.
Dieser soll sich mit einem Fahrrad zu den Protestlern gesellt haben, um dort mittels einer Trillerpfeife, den Muezzinruf zu stören. Durch das „inbrünstige in die Pfeife pusten“ machte sich der Angeklagte der Störung der Religionsausübung schuldig sowie der Störung des Gottesdienstes.
Der Beschuldigte Decke äußerte sich selbst zur Sache. Er gab an, von dem Protest gegen den Muezzinruf durch einen Nachbarn erfahren zu haben. Er wollte sich selbst ein Bild vom Geschehen machen. Deshalb hielt er am besagten Tag, auf dem Weg zu Besorgungen, mit seinem Rad am Ort der Protestaktion an. Etwa 7-9 protestierende Menschen hatten sich bereits versammelt. Herr Decke gab an, sich etwas verspätet zu haben. Sofort sei ihm eine Trillerpfeife gereicht worden, mit der Aufforderung, in diese zu pusten. Was er auch sofort tat, da der Muezzinruf unmittelbar nach seinem Erscheinen begann. Zu seinem Bedauern funktionierte seine Pfeife aber nicht, sodass er keinen Ton herausbrachte.
Auf Nachfrage des Richters, räumte er ein, den Wunsch gehabt zu haben zu pfeifen. Er gab weiter an, die Protestierenden vor Ort nicht gekannt zu haben. Auch wusste er nicht, wer ihm die Trillerpfeife zugesteckt hatte.
Richter Meier merkte an, dass im Fall Decke auch eine Verurteilung nach §166 StGB Abs. 1 und 2 in Betracht komme.
§166
Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen.
(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.
Nach dieser Belehrung wurde die Verhandlung unterbrochen und alle Beteiligten, mit Ausnahme der Anwälte, der Staatsanwältin und des Richters. wurden des Raumes verwiesen. Die Juristen führten währenddessen ein sogenanntes Rechtsgespräch.
Nachdem die Verhandlung fortgeführt wurde, verkündete Richter Meier eine Entscheidung. Das Verfahren gegen Herrn Decke wurde eingestellt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Allerdings muss Herr Decke die Kosten für seinen anwaltlichen Beistand selbst tragen.
Danach trug die Staatsanwältin die Delikte vor, die Herrn Bauersfeld zur Last gelegt werden.
Marcel Bauersfeld soll den Gebetsruf gestört haben. Zunächst mit einer Glocke. Nachdem diese von der Polizei konfisziert worden war, mit einem Kochtopf. Bei einem erneuten Versuch zu stören wurde er von der Polizei schon auf dem Wege zur Moschee abgefangen und vorübergehend festgesetzt. Gegen diese polizeiliche Maßnahme setze er sich leicht zur Wehr. Er soll zudem die Parolen „Wider das Kalifat“ und „Ich nehme hier nur mein Grundrecht wahr“ gebrüllt haben. Weitere Drohungen, die er gerufen haben sollte, konnten aber nicht näher benannt werden.
Die Staatsanwältin führe weiter aus: Mit seinem Protest störte Bauersfeld den öffentlichen Frieden. Sein Protest zielte darauf ab, die Religionsausübung zu stören. Ebenso den Gottesdienst zu stören. Der Protest war geeignet, das Glaubensbekenntnis zu stören. Der Angeklagte hatte die Absicht, zu feindseligen Taten gegen Muslime aufzustacheln. Durch den Protest wurde das Vertrauen der Muslime in die ungestörte Religionsausübung erschüttert. Marcel Bauersfeld soll mit seinem Protest andere dazu verleitet haben, seine Aktion zu honorieren und zu unterstützen. Die Staatsanwältin wertete den Protest als Aktion gegen die Muslime.
Marcel Bauersfeld ließ eine, von ihm verfasste Erklärung, durch seinen Anwalt Röckemann verlesen.
Der Angeklagte erklärte, sich nicht gegen Muslime gewendet zu haben mit seinem Protest. Er betonte, der Muezzinruf gehört nicht zur Religionsausübung. Ihm geht es nicht darum, andere Kulturen oder Religionen herabzuwürdigen. Bauersfeld erklärte, „dass es ihm nicht um die Störung der Religionsausübung gegangen sei. Das Bimmeln der Kuhglocke beziehungsweise Schlagen auf einen Kochtopf habe er stets direkt nach dem Muezzinruf beendet, um das Freitagsgebet nicht zu stören. Während der Zeit des Ramadans hat er seinen Protest ganz ruhen lassen.“
Bauersfeld sieht seinen Protest als „akustische Wortmeldung“ gegen den Muezzinruf. Er habe mit kreativen Mitteln andere dazu bewegen wollen, sich der Verteidigung der Grundwerte unserer Gesellschaft anzuschließen. Zudem wolle er eine Diskussion anstoßen.
Denn der Muezzinruf beinhalte die Anerkennung und Unterwerfung unter die Scharia.
Ihm gehe es nur um die eigenmächtige Verfügung des Bürgermeisters, der 2020 den öffentlichen Muezzinruf genehmigt hatte. Bauersfeld betonte, nur seine Grundrechte wahrgenommen zu haben.
Nach der Verlesung der Erklärung wurde die Verhandlung erneut unterbrochen. Alle Beteiligten, bis auf die Juristen, mussten den Saal wieder verlassen. Es wurde ein weiteres Rechtsgespräch geführt.
Nachdem die Verhandlung fortgesetzt wurde, verkündete Richter Meier seine Entscheidung.
Der Prozess wird vertagt. Es wird ein religionswissenschaftliches Gutachten eingeholt, welches die Bedeutung des Muezzinruf zum Inhalt hat.
Der Richter soll sich beeindruckt gezeigt haben, von dem Aufsehen, das dieser Prozess hervorgerufen hat. Dazu trugen auch die zahlreichen Unterstützer der Angeklagten bei, die dem Prozess beiwohnten.
Es bleibt zu hoffen, dass nach der Einholung eines religionswissenschaftlichen Gutachtens ein für allemal geklärt sein wird. ob die Erlaubnis zum Muezzinruf mit der Religionsfreiheit zu rechtfertigen ist.
Die BPE wird weiterhin über den Verlauf des Prozesses berichten.
Ulrike Braukmann