Das Märchen vom politischen Islam: Deutschland duckt sich weg

Deutschland laviert zwischen Appeasement und pseudo-aktivistischen Ablenkungsmanövern, um seinen „Beitrag“ zur Bekämpfung von importiertem IS-Terror und islamischem Fundamentalismus zu „leisten“. Dabei wird der Kardinalfehler der letzten 30 Jahre einfach fortgesetzt: Das eigentliche Problem – die fehlende innere Distanz vieler Muslime zu Aufklärung und humanistischen Grundwerte – wird weiterhin nicht angefasst. Stattdessen kapriziert man sich auf die Schimäre des „politischen Islams“, der in Abgrenzung zum angeblich modernen, weltoffenen „Glaubens-Islam“ für alle Übel verantwortlich sei. Ein gefährlicher Irrtum.

Das naive Vertrauen in die Dialogpartner der Bundesregierung, die etwa im Zentralrat der deutschen Muslime (ZMD) oder in der seit 2006 bestehenden „Islam-Konferenz“ ihre Interessen artikulieren, spiegelt sich dann in untauglichen Ideen wie etwa der Ausbildung von Imamen durch den deutschen Staat wieder. Der naive Gedanke dahinter: Wenn Imame hierzulande geschult und „staatlich zertifiziert“ sind, würden sie erstens von ausländischer Einflussnahme unabhängig, und müssten ja zweitens automatisch dem Rechtsstaat in Loyalität verpflichtet sein – beides ist völlig hanebüchenes Wunschdenken. Denn in der Praxis sollen die Imame nun von den Islamverbänden in Deutschland ausgebildet werden – als seien diese unabhängig von den politischen Interessen der Herkunftsländer und würden einem weltanschaulich neutralen Staat mehr Vertrauen entgegenbringen als der weltweiten Umma der Korangläubigen.

Nicht von ungefähr begründete der islamkritische Buchautor Hamed Abdel-Samad seinen vorgestrigen Rückzug aus der Islamkonferenz mit ebendiesem wachsenden Einfluss der muslimischen Verbände in dem Gremium, welche die Bundesregierung nun ihre Imam-Ausbildung selber besorgen lässt. „Ohne mich„, so Abdel-Samad heute gegenüber „Welt„: Er habe den Eindruck, Innenminister Horst Seehofer (CSU) habe keinerlei Übersicht und wissen überhaupt nicht, welche Kreise er da fördert. Offenbar werde er grundfalsch beraten, so der in Ägypten geborene Politikwissenschaftler. „Im Ergebnis erhalten türkische Nationalisten und die Muslimbruderschaft nun noch mehr Einfluss. Das ist keine Integrationspolitik, das ist Selbstaufgabe„, sagte Abdel-Samad.

Diesen ungebrochenen Einfluss etwa des türkischen Erdogan-Regimes, der auch nach offizieller Zurückdrängung von durch die türkische Religionsbehörde Dyanet ausgebildeten Imamen und dem ihr hierzulande unterstellten Moscheeverband Ditib weiterhin fortbesteht, kritisiert auch Robin Alexander in der „Welt„: „Im 15. Jahr der Islamkonferenz sind die Ergebnisse trist. Erdogans Einfluss in Deutschland ist ein Problem.“ Denn die meisten muslimischen Verbände seien, so Abdel-Samad, verlängerte Arme ausländischer Regierungen wie der Türkei oder von Bewegungen wie den Muslimbrüdern oder den Salafisten in den Golf-Staaten. Leider finanziere der Staat die Einflussnahme dieser Gruppierungen auf die hier lebenden Muslime auch noch.

Vor den Karren der Islamkonferenz gespannt

Der zuständige Gesprächspartner der Regierung, Innenminister Horst Seehofer, selbst inzwischen völlig zahnloser und weichgespülter Technokrat der Islamisierung, warb unbeirrt von dieser Kritik weiterhin für den „Islam in Deutschland“ und pries die Kooperationsbereitschaft jener Muslime, die für grundgesetzbasierte muslimische Glaubensausübung stünden. Seine Ex-Parteifreundin Erika Steinbach konnte darüber nur den Kopf schütteln: „Wer auch nur einen flüchtigen Blick in den Koran geworfen hat und das Kairoer Abkommen von mehr als 50 muslimischen Staaten kennt, das die Menschenrechte unter das Diktum der Scharia stellt, der weiß, dass pure Utopie am Werk ist. Sie wird krachend scheitern.„, kommentierte sie auf Twitter. Seehofer wird dies nicht anfechten; vermutlich würde er den friedlichen Islam auch noch dann preisen, wenn hierzulande das passiert, was sich von Montag bis Mittwoch im Namen eben besagter Scharia in Mosambik ereignete: Auf einem Sportplatz schlugen dort IS-Milizen 50 Menschen vor Publikum Anfang der Woche die Köpfe ab.

Eigentlich war es Idee und Grundansatz der deutschen Islamkonferenz, ein Forum zu schaffen, alle Ideen und Interessen auf den Tisch zu bringen und Projekte zu entwickeln. Allerdings hätten die Islamverbände nur Themen behandeln wollen, die ihnen Einfluss und Geld bringen. Sie strebten Förderung für Imam-Ausbildung, Islam-Unterricht und Seelsorge sowie einen eigenen islamischen Wohlfahrtsverband ähnlich der Diakonie und insgesamt die gleichen Privilegien wie die Kirchen an. Und: sie wollen „das muslimische Gemeindeleben stärken“ – was nichts anderes heißt als: Zementierung der Gegengesellschaften, sowie eine dem Zugriff des deutschen Rechtsstaat weiterhin entzogene Traditionspflege. Zu was die resultierende muslimische Sozialisation dieser ausländischen Einflussnahme in Deutschland geführt hat, kann man fast täglich beobachten: Wenn man sich, so Abdel-Samad, heute in islamistisch geprägten Stadtvierteln „nicht frei bewegen“ könne und er etwa auf der Sonnenallee in Berlin-Neukölln bei Dreharbeiten wiederholt körperlich angegriffen wurde (obwohl die ihn dauerhaft beschützende Polizei zugegen war), dann sei deutlich, wie tief das Problem mit dem realen modernen Islam in Deutschland – und eben keineswegs nur in den Reihen der extremistischen Gefährder – verwurzelt sei.

Hingegen ist man in Frankreich – besser spät als nie, wenn auch womöglich zu spät – unter dem Eindruck des bestialischen Mordes an dem Lehrer Samuel Paty mit der Geduld am Ende; dort fährt der Staat inzwischen eine zunehmende Nulltoleranzstrategie. Das nachfolgende, heute im Netz kursierende Video zeigt einen gestrigen Polizeieinsatz gegen muslimische Jugendliche, die ohne Maske in einer Pariser U-Bahn-Passagiere bespuckt hatten:

Eine völlig korrekte, in Deutschland jedoch undenkbare Reaktion, mit der der wehrhafte Staat ein Zeichen setzt. Doch während nicht nur in Paris, auch in Österreich und anderswo etwa die radikalen Muslimbrüder bekämpft werden, werden selbige in Deutschland mit Samthandschuhen angefasst, was auch der Islamkritiker Ahmad Mansour beklagte:

(Screenshot:Twitter)

Noch idiotischer als das Wunschdenken, eine „einheimische“ Imam-Nachwuchsausbildung durch vom Staat für zuverlässig erachtete, in Wahrheit als islamistische U-Boote fungierende dubiose Verbände sichere ein integratives und modernes, tolerantes Zusammenleben mit Muslimen eher als die bisherige Praxis, ist dann nur noch der Wahn, man könne sich „deutsche“, „hier angekommene“ Muslime backen, indem man ihnen einfach sie einfach zu deutschen Staatsbürgern macht. Auf diese Schnapsidee kam gestern ausgerechnet Gesundheitsminister Jens Spahn. Wenn die Gläubigen „Deutsche“ seien und das Ziel gelänge, „Moscheegemeinden in unserem Land staatlich zu fördern, wenn sie sich als deutsche Gemeinden verstehen und eben nicht als arabische oder türkische„, dann könne man „sicherstellen, dass nicht die Radikalen Einfluss auf Lehrinhalte“ hätten.

Zudem müsse klar gesagt werden, „dass wir die Benachteiligung von Frauen, Hetze gegen Schwule oder die Verächtlichmachung Andersgläubiger keinesfalls akzeptieren“. Über solche wohlfeilen Sonntagsreden grinsen die Vertreter deutscher Parallelgesellschaften nur. Dass sie die von Spahn für sie geforderten „mehr Rechte“ wirklich annehmen werden, etwa zur Beerdigung ihrer Angehörigen auf deutschen Friedhöfen oder durch mehr muslimische Seelsorger in Krankenhäusern, Schulen oder Gefängnissen, ist nicht zu erwarten. Das kapieren deutsche Toleranzgeisterfahrer bis heute nicht: Integration setzt Konvergenz voraus. Was der eine gewährt, muss der andere überhaupt erst wollen. Daran scheitert es hier – und wird auch weiterhin scheitern.

Blauäugige und wolkige Gegenmaßnahmen

Doch Spahn und die Union setzen weiterhin auf blauäugige, wolkige Förderprogramme und Maßnahmen, die seit Jahrzehnten nichts gebracht haben: Die Pandemie zeige, wenn Bund und Länder etwas zusammen wollten, könnten sie es zusammen schaffen. Im Fall der Bekämpfung des radikalisierten Islams könnten das seitens des Bundes beispielsweise „Förderprogramme für liberale Gemeinden sein.“ Man kann nur noch die Haare raufen ob dieser Einfalt. Doch damit nicht genug; auch Spahn offenbart seine völlige Ahnungslosigkeit über das Wesen des Islamismus – und bedient wieder das Alibi-Feindbild des politischen Islam: „Es gibt auch in unserem Land einen Nährboden für einen politisierten Islam und daraus hervorgehenden islamistischen Terror. Daran muss sich etwas ändern, durch politisches Handeln.“

Genau hier liegt des Pudels Kern: Obwohl das dröhnende Schweigen der angeblich doch so entsetzten und Terror ebenfalls ablehnenden „übergroßen Mehrheit der hier lebenden Muslime“ nach dem Enthauptung-Horror von Paris und Nizza unüberhörbar war, obwohl kein einziger Muslim gegen diesen angeblichen Missbrauch seiner eigenen friedlichen Religion auf die Straße ging, obwohl sich im Gegenteil sogar tausendfach in den sozialen Medien Zustimmung und Häme über die verdiente Bestrafung der „Prophetenbeleidigung“ niederschlug; kurzum: obwohl somit eindeutig bewiesen ist, dass Islamismus eben keine radikale Randerscheinung, sondern ein in der muslimischen Gemeinde hierzulande weit verbreitetes Phänomen darstellt, hält der deutsche Staat an der künstlichen Unterscheidung zwischen „politischem Islam“ (der eine offene Islamisierungsagenda verfolgt) und einem behaupteten friedfertigen „Reform-Islam“ fest. Diese Distinktion verhindert effektiv, dass das Problem an der Wurzel angepackt wird. Schlimmer noch; wie strunzdumm, ungebildet und naiv über diese brisanten Sachverhalte hierzulande öffentlich palavert wird, stellte gestern einmal wieder der oberste „Islam-Versteher“ der CDU, Ruprecht Polenz, auf Twitter unter Beweis:

(Screenshot:Twitter)

Man will es einfach nicht sehen und nicht lernen. Weder dass sowohl der IS-Attentäter und Messerstecher von Dresden als auch der Wien-Attentäter in – erweislich völlig nutzlosen – staatlichen „Deradikalisierungsprogrammen“ waren, noch dass unter den bei einer gestrigen Wiener Anti-Terror-Razzia Verhafteten der ehemalige Präsident der österreichischen „muslimischen Glaubensgemeinschaft“ (IGGÖ) war – und somit ein langjähriger Dialogpartner des Staates, lässt die islamophilen Kreidefresser bei uns stutzig werden, ob die Übergänge zwischen dem angeblich „normalen“, friedfertigen und weltoffenen Islam und den Terror-Fundamentalisten in Wahrheit nicht viel fließender sind, als ihnen lieb ist… (DM)

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