Köln/Frankfurt – Die bekannte Frankfurter Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter hat den Dauerschmusekurs der katholischen und evangelischen Kirchen mit fundamentalistischen Muslimen kritisiert. In einem interview mit der evangelischen Presseagentur (EPD) warf die Leiterin des Forschungszentrums Globaler Islam den Kirchen vor, sich im Dialog mit Islamvertretern zu unkritisch zu verhalten und sich regelrecht eine Agenda diktieren zu lassen.
Viele Kirchenvertreter würden nicht sehen, „dass die Form des Islam, die die Verbände vertreten, nun auch noch die problematischste ist. Zum Beispiel die aus der Türkei gesteuerte Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion), die radikale Milli Görüs oder auch eine bunte Mischung außerordentlich problematischer Akteure unter dem Dach des Zentralrats der Muslime,“ sagte Schröter im vom Domradio widergegebenen Interview der EPD.
Als krasses Beispiel nannte die Islamwissenschaftlerin die ultranationalistische Atib, die als Nachfolgeorganisation der faschistischen „Graue Wölfe“ gilt. Ebenfalls problematisch sind Kontakte zu islamistischen Gruppen die laut Sicherheitsorgane Verbindungen zur radikalen Muslimbruderschaft unterhalten. Als weitere Beispiele führte Schröter die iranisch-schiitische Organisationen um das Islamische Zentrum Hamburg auf, die den Auftrag hätten, die antisemitische, frauenfeindliche und demokratiefeindliche Agenda der Islamischen Republik Iran hier zu verbreiten. „Wenn man sich das anschaut, dann muss man sich schon ernsthaft fragen, ob man es vertreten kann, mit solchen Leuten zusammen am Tisch zu sitzen, und so zu tun, als ob das ganz normale Gesprächspartner wären,“ kritisiert die Frankfurter Wissenschaftlerin die dialogsüchtigen Kirchen.
Wie wenig die Kirchen mit ihren Gesprächen erreicht haben, zeige die Besetzung des Beirats beim Institut für Islamische Theologie an der Berliner Humboldt-Universität. Dort wurden liberale und säkulare Muslime immer wieder von Fundamentalisten „weggebissen“. Mit solchen Leuten Gespräche zu führen sei schwierig.
Als Paradenbeispiel für die Blauäugigkeit im Umgang mit radikalen Islamisten nannte Schröter einen evangelischen Pfarrer aus dem „Dialogkreis in Frankfurt“, der tatsächlich als neues hoffnungsvolles Modell für die interreligiöse Zusammenarbeit die Konvention von Medina vorgestellt hat. Für Schröter unfassbar: „Die Gemeindeordnung von Medina (622 n. Chr.) hat eine Zweiklassengesellschaft beschrieben, die Muslime als die wahren Gläubigen gegenüber allen anderen privilegiert. In Medina wurden damals alle jüdischen Stämme vertrieben und einer sogar massakriert.“ Dass ein Pfarrer ernsthaft diese Konvention von Medina als Modell für Multikulturalität proklamiert hat, zeigt wie unkritisch der Dialogkreis aufgestellt ist.
Auch die islamhörige Haltung der Kirchen in der Kopftuchfrage und der muslimischen Geschlechtertrennung – Mädchen dürfen nicht mit Jungen spielen – stößt bei Schröter auf harsche Kritik. „Ich habe nichts gegen eine mündige Frau, die aus freien Stücken das Kopftuch trägt. Aber ich habe etwas dagegen, wenn schon Kinder mit dem Kopftuch in die Schule geschickt werden.“ Inzwischen gäbe es sogar schon auf muslimischen Modemessen Vollverschleierung für weibliche Säuglinge kaufen. Ein weiterer Kritikpunkt im lesenswerten Interview ist das „Schweigen zur Verfolgung der Christen im Orient“. In diesem Punkt geißelt Schröter besonders die damit verbundene Doppelmoral: „Die Kirchen erheben immer ihre Stimme, wenn Muslimen Unrecht geschieht… Aber mittlerweile werden Christen mit Gewalt aus orientalischen Ländern vertrieben – und übrigens auch Juden – und dazu schweigt man.“ Auch bei der Betreuung der hier lebenden christlichen Flüchtlinge wünscht sich Schröter mehr Engagement der Kirchen, vor allem in Hinblick auf die von Abschiebung bedrohten Konvertiten.
Das Staatskirchen-Imperium schlägt zurück
Wie man schwerlich nicht übersehen kann, hat die Tochter der verstorbenen Islamkritikerin Hiltrud Schröter mit ihrem schonungslosen Interview buchstäblich in ein Wespennest gestochen, denn die Antwort der katholischen Kirche auf Domradio ließ nicht lange auf sich warten. Ohne auf die von Schröter angesprochenen speziellen Punkte einzugehen wiesen beide Staatskirchen einmündig die Kritik der Islamwissenschaftlerin am Umgang mit den islamverbänden zurück. Bereits im Vorspann des Staatskirchensenders Domradio wird klar, wo bei beiden Kirchen die Prioritäten liegen:
Herausforderung sei vor allem die Anfeindung und Bedrohung muslimischer Menschen zu verhindern. Das heißt radikale fundamentalistische Muslime vor den Angriffen der Kritiker in Schutz zu nehmen. Zu schweigen, wenn kleine Kinder im Kindergarten Kopftuch tragen müssen. Der radikale Islam hat sich fest in der Kirche verankert. Da helfen auch keine mahnenden Worte. Der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz Matthias Kopp nannte Schröters Kritik sogar „zugespitzt, einseitig und verzerrend“.
Dass sie es nicht ist, beweist unter anderem ein Artikel über die Imam-Ausbildung der von Erdogan abhängigen DITIB, im Sommer 2019, der vor lauter Lobeshymnen über die geplante regimenahe Ausbildungsstätte in der Eifel aus allen Nähten platzt. Nach Lesen dieses Artikels kommt man zum Ergebnis, dass sich Schröter bei ihrer Kritik am Schmusekurs der Kirche mit Islamisten noch sehr zurückhaltend geäußert hat. (KL)