Köln/Dahlem – Alter Wein in neuen Schläuchen? Dem bundesweit größte Islam-Verband DITIB, der wiederholt wegen seiner Nähe zum Erdogan-Regime und der fundamentalistischen Religionsbehörde Diyanet kritisiert wurde, ist ein spektakulärer Taquia-Coup gelungen. Statt aus der Türkei sollen die Imame nun direkt aus Deutschland kommen. Der Verband hat jetzt im abgelegenen Eifelstädtchen Dahlem/NRW nahe der belgischen Grenze ein Ausbildungszentrum für Imame eröffnet.
Wie die Medienplattform dw.com kritisch vermerkt, handelt es sich bei der islamischen Akademie für die 70 Bachelor-Absolventen mutmaßlich um einen Etikettenschwindel, denn die Studenten, die zu „Religionsbeauftragten“ ausgebildet werden sollen, haben zwar in Deutschland ihr Abitur gemacht, dann aber in der Türkei islamische Theologie studiert. Und so schreibt dw.com folgerichtig: „Inwieweit die nun gestartete Ausbildung eines Teils der Imame in Deutschland den Forderungen nach mehr Neutralität Rechnung trägt, ist allerdings fraglich. Denn diese stehen wie ihre aus der Türkei entsandten Amtsbrüder immer noch auf der Gehaltsliste der türkischen Religionsbehörde Diyanet.“
Ganz anders wird die die leicht zu durchschauende Taktik durch Einflussnahme der türkischen Zuwanderer vom Bundesinnenministerium bewertet. Deren islamophiler Staatsekretär Markus Kerber, von Hause aus Wirtschaftslobbyist, der auch für die unsäglichen Islamkonferenzen verantwortlich zeichnet, wertet die DITIB Imam-Ausbildung in der Eifel als „wichtigen Schritt“ und sagte in einem epd-Interview: „Damit werden erste Voraussetzungen geschaffen, damit vermehrt Personal aus Deutschland in Ditib-Gemeinden eingestellt werden kann.“ Kerber verfolgt laut WIKIPEDIA-Zeitungsquellen in Fragen des Islam und der Flüchtlingspolitik einen pragmatischen Ansatz, steht Merkels Flüchtlingspolitik weitgehend positiv gegenüber und sah als BDI-Hauptgeschäftsführer in Flüchtlingen die Fachkräfte von Morgen.
Verfolgt man die Presseberichte der letzten Jahre, so hat Kerber einen deutschen Islam und eine deutsche Imam Ausbildung zur Chefsache erklärt. Im September 2018 verkündete er im Tagesspiegel: „Wir haben viel zu lange dabei zugesehen, wie Kräfte aus dem Ausland den deutschen Muslimen vorschreiben, wie sie ihre Religion zu leben haben. Und weil auch sie ihre Heimat hier haben, werden wir sie nun mehr darin unterstützen, ihr Selbstbewusstsein zu stärken.“ Seiner Meinung nach solle das in Zukunft die Islamkonferenz leisten. Mit ihr solle für die deutschen Muslime mehr Gesprächsformate geschaffen werden. Auch der Innenminister „wird die deutschen Muslime offensiv ermuntern, die Debatte, um einen deutschen Islam zu führen.“
Diese Vorstellungen sind – wie man schnell erkennt – eine Fata-Morgana und konterkarieren vor allem die bereits so gut wie gescheiterten Versuche, an deutschen Universitäten Imame auszubilden. So gibt es zum Beispiel ein gerade in Osnabrück gestartetes Modellvorhaben. Dort haben Theologen der Universität, Vertreter anderer Islam-Verbände und Einzelpersonen laut dw.com im November einen Trägerverein gegründet, dessen Ziel es ist, ein Kolleg für die Ausbildung muslimischer Geistlicher zu organisieren. Dass die DITIB-Absolventen aus Dahlem den gleichen nationalistisch türkischen fundamentalistischen Islam vertreten wie ihre zur gleichen Organisation zählenden Kollegen in der Türkei oder ihre unmittelbaren Chefs in Köln, müsste Kerber eigentlich klar sein. (KL)